Passion 1999

Der großartige Erfolg von 1989 war Ansporn und Verpflichtung gleichermaßen. Nach der letzten Aufführung am 24. März hatten die 300 Mitwirkenden den Vorsatz gefasst, die Passionsspiele künftig in einem festen 10-Jahres-Rhythmus zu wiederholen. Und wirklich konstituierte sich 1998 ein neuer Spielausschuss unter der Leitung von Franz Nüßlein, dem damaligen Vorsitzenden der Kolpingsfamilie Neumarkt. Als Regisseur berief man Gerhard Hein, den Leiter der Kolping-Theaterbühne, der bereits bei den Spielen von 1984 und 1989 die Regieassistenz übernommen hatte (in diese Funktion schlüpfte 1998/99 Christa Hirn). Gerhard Bock betreute wiederum den Passionsspielchor, der sich aus 130 Mitgliedern verschiedener Neumarkter Chorgemeinschaften zusammensetzte. Als geistlicher Beirat wirkte — zum zweiten Mal nach 1989 — Stadtpfarrer Norbert Winner. Die Schirmherrschaft übernahm mit großer Freude Bischof Dr. Walter Mixa von Eichstätt.

Der Spieltext wurde von Studiendirektor Hans Georg Hirn einer gründlichen Revision unterzogen.37 Im Streben nach einer festen und ausgeglichenen Form verlieh er dem Text eine einheitliche Metrik, indem er den durchgehenden Blankvers, der die ursprüngliche Fässung von Ger-man Mayr auszeichnet, wieder herstellte. Dem besseren Verständnis diente eine „zeitgemäße" Sprache, befreit von altertümlichen Worten und Wendungen. Daneben erfolgte eine inhaltliche Überarbeitung, die dem aktuellen Diskussions- und Kenntnisstand der Theologie entsprach und zu einer vorsichtigen Neuinterpretation wichtiger Figuren führte. Hinzu kamen textliche Ergänzungen, etwa in den beiden Anfangsbildern und der Schlussszene. Eine völlig neue Form erhielt der Prolog, der jeden einzelnen Zuschauer an das „Spiel des Lebens" gemahnte, „in dem ein jeder Mensch seine Rolle so annehmen und spielen sollte, wie Gott sie ihm zugedacht hat."" Neu eingeführt wurde von Hirn das 13. Bild „Jesus bei Herodes", eine lebendige Spielszene, die den bisherigen „Prolog" von Max Gläßel, der lediglich eine szenenüberbrückende Funktion hatte,39 wirkungsvoll ablöste.
Die Passionsaufführungen erfuhren einen überwältigenden Zuspruch. Bereits im Vorfeld herrschte eine derart starke Kartennachfrage, dass man eine zusätzliche Vorstellung einschob. Trotzdem waren die 19 Aufführungen vom 2. Februar bis 2. April 1999 schon Ende Januar ausverkauft. Für fast 19.000 Besucher waren die Neumarkter Passionsspiele erneut ein beeindruckendes, religiöses Erlebnis. Das im Programmheft formulierte Ziel war erreicht, „den Besuchern in einer mehr und mehr säkularisierten Welt eine Möglichkeit der Motivation zum Glauben anzubieten."

Prolog von 1999

Die Darstellung der Passion des Herrn, die wir auf dieser Bühne gleich beginnen, stellt uns Spieler vor eine große Aufgabe. Wir hoffen, das Erlebnis unsres Spiels löst in euch die Bereitschaft aus, Christus auf dem Weg zu seinem Kreuzestod mit Ernst und Anteilnahme zu begleiten. Erfüllt sich unsre Hoffnung, werdet ihr den Sinn des Dargestellten von seinem Ende her erschließen. Die Auferstehung kann und will den Menschen neues Leben schenken! Freilich ist heutzutage das Passionsgeschehen nicht mehr jedem von uns vertraut. Jerusalem, der Ort, all dem sich Jesu Leid vollzog, liegt weit entfernt von euch und uns. Und die Zeit, in der sich das ereignete, ist zweitausend Jahre vorbei, ist biblische Geschichte.
Vielleicht überlegt nun mancher:,, Was soll ich denn mit diesem Spiel? Sein Geschehen geht mich doch heute nichts mehr an! Es ist weit weg und längst vergangen!" Wir aber meinen, ein solches Denken wäre falsch! Was damals war, gilt gleichermaßen heute. Gott spielt in Christus seine Rolle nicht nur dort und nicht nur gestern. Für ihn bedeutet Vergangenheit überall und immer auch Gegenwart und Zukunft.
Wenn daher Gottes Sohn auf unsrer Bühne wie einst den Kreuzweg geht, wird aus unsrem Spiele Ernst: Denn das, was Jesus in Judäa erdulden musste, erlitt er nicht nur für die Menschen seiner Zeit, sondern für die zu allen Zeiten, auch für die von heute. Folglich kann ein jeder hier sich angesprochen fühlen und fragen:,, Welche Rolle könnte ich in diesem Spiele übernehmen? Gehöre ich zu jenen, die Jesus jubelnd nach Jerusalem begleiten? Oder mehr zu denen, die Zeugnis geben wider ihn? Bin ich ein Hoher Rat, der unerbittlich das Gesetz verficht, oder ein treuer Jünger des Herrn? Zähle ich zur Schar der Frauen, die Jesus voll Mitgefühl beweinen? Oder passe ich eher zu den Leuten, die stumm am Wege stehen und ohne Regung schauen, wenn Gottes Sohn sein Kreuz vorüberträgt? Erkenn ich mich als Händler wieder, weil ich wie der nach Reichtum strebe? Oder bin ich wie Simon von Bethanien, der sein Haus für alle öffnet? Könnt ich nicht auch Pilatus sein, der Macht und Recht besitzt, Jesus freizusprechen und doch dem Druck von außen weicht und ihn zum Kreuzestod verurteilt?"
Genug der Fragen! Beginnen wir das Spiel! Wir glauben wirklich, ihr alle könnt, wenn ihr nur wollt, das Passionsgeschehen mitgestalten!
Dann wird die Bühne hier sich weiten und eure und unsre Welt da draußen miterfassen! Ziel unsres Spiels ist nicht allein Theater, wir wollen nicht wie sonst Applaus. Uns geht es mehr ums Spiel des Lebens, in dem jeder Mensch seine Rolle so annehmen und spielen sollte, wie Gott sie ihm zugedacht hat.
Wir wissen, das einzusehen, fallt nicht immer leicht. Aber selbst, wenn am Ende unsrer Passion nur einer im Saal versuchen würde, sein Kreuz auf sich zu nehmen, so wie es Christus tat, und dem Herrn im Alltagsleben nachzufolgen, hätten wir hier oben unser Ziel erreicht!
Wir wünschen euch den Mut und auch die Kraft dazu - und unsrem Spiel Gelingen!

Auferstehung 1999Jesus vor Pilatus1999 Kreuzigung 1999 Veronika1999

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